13.02.2020 Unternehmensgruppe
Faszination Bauingenieur*in
Der Hochschultag der Bauindustrie NRW 2019 hat mit dem Motto „Faszination Bauingenieur*in: Begeisterung wecken für die Herausforderungen des Bauens“ ein brandaktuelles Thema gewählt: Denn es herrscht Fachkräftemangel und es fehlt an jungen Leuten, die sich für ein Bauingenieurstudium entscheiden.
Die gegenwärtige Situation ist nicht allein der Konjunktur geschuldet, vielmehr ist der Fachkräftemangel Ausdruck eines grundsätzlichen Problems: Bauberufe scheinen weniger attraktiv als Berufe anderer Branchen. Die Ursachen hierfür sind teils hausgemacht, zudem gelingt es nicht, die Faszination des Bauens nach außen zu kommunizieren. Die Bauwirtschaft hat ein Imageproblem.
Wie kann man junge Menschen für den Beruf des Bauingenieurs begeistern? Um Antworten zu finden, hat die Unternehmensgruppe Frauenrath einige ihrer Bauleiter befragt. Dadurch hat sich ein klares Bild von den Stärken des Berufs ergeben; es hat sich aber ebenso gezeigt, wo Handlungsbedarf besteht.
Der Fachkräftemangel ist nicht neu und es wurde bereits eine Menge dagegen unternommen. So wurde beispielsweise die Verzahnung von Studium und Beruf verbessert, um spannendere Praxisbezüge zu schaffen. Das Angebot von Bachelor- oder Masterarbeiten, von studienbegleitenden Praktika, von Studentenjobs und Dualen Studiengängen ist reichhaltig.
Doch die Ursachen liegen tiefer. So gibt es im Fächerkanon der Schulen kaum Berührungspunkte zur Baubranche. Die Nähe der naturwissenschaftlich-technischen Fächer zu anderen Ingenieurdisziplinen ist größer. Die Entscheidung für ein Bauingenieurstudium fällt nicht im Schulunterricht, für die Elektrotechnik oder den Maschinenbau vielleicht schon.
Dabei gibt es gute Gründe, sich für ein Bauingenieurstudium zu begeistern. Nur müssten diese in der Schule präsenter sein. Dies aber lässt sich nur erreichen, wenn mehr Angebote für die Schulen geschaffen werden. Kluge Projekte wie der BauBus NRW, ein multimedial ausgebauter Linienbus, der von Schule zu Schule fährt und auf anschauliche Weise die zahlreichen Berufe am Bau näherbringt, sind erste gelungene Ansätze.
„Es muss deutlich werden, dass unsere Gesellschaft diese Menschen dringend braucht“
Bauingenieure planen Bauwerke aller Art, sie errichten Straßen, Brücken, Tunnel oder Häuser und managen diese über den gesamten Lebenszyklus. Sie schaffen Unikate und bauen die Infrastruktur, die eine funktionierende Gesellschaft benötigt. Ihre Leistungen sind gut sichtbar: Beeindruckt bestaunen Menschen große Baustellen, doch den Berufsstand bringen sie selten damit in Verbindung. Die Bauingenieure bleiben im Hintergrund, dabei sind sie es, die all dies erst möglich machen. Ihr Können sollte daher stärker ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden. Es muss deutlicher werden, dass eine moderne Gesellschaft diese Menschen, die all das bewegen, dringend braucht. Dies ist eine Aufgabe für die gesamte Branche, die firmenübergreifend angepackt und öffentlichkeitswirksam umgesetzt werden muss.
In der Bestandsaufnahme nimmt auch die Digitalisierung einen großen Raum ein: Eine Branche, die sich eher zurückhaltend bei Innovationen, Effizienzsteigerungen und Digitalisierung zeigt, hat es schwer bei einer jungen Generation, die digital affin ist und für die die Nutzung digitaler Tools zur Lebenswelt gehört. Andere Ingenieurberufe stehen deutlich besser da. Sie werden stärker als forschungs-, wissenschafts- und technikbasiert wahrgenommen und finden in einer hochdigitalisierten und durch Hightech bestimmten Umgebung statt. Der Fortschritt eilt hier in atemberaubendem Tempo voran.
„Die Baubranche befindet sich in einem riesigen digitalen Transformationsprozess“
Selbst wenn noch viel Weg und Arbeit zu leisten sind, auch die Baubranche befindet sich in einem riesigen digitalen Transformationsprozess. Im Zentrum steht dabei das Building Information Modeling (BIM). Zudem betreten mehr und mehr digitale Innovationen die Bühne. 3D-Druck, Bau-Robotik oder selbstfahrende Maschinen versprechen eine Revolution. Es stehen gewaltige Entwicklungsschübe und Umbrüche bevor, die in anderen Branchen teils schon vollzogen wurden. Jobprofile verändern sich, neue Aufgabengebiete entstehen und eine digitale Arbeitskultur etabliert sich zunehmend.
Besonders für junge Menschen bieten sich dadurch zahlreiche Chancen. Das noch große Entwicklungspotenzial der Digitalisierung ist ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt. Denn auf Berufseinsteiger warten jede Menge Gestaltungsfreiräume. Sie haben wie in kaum einer anderen Branche die Möglichkeit, die Zukunft mitzugestalten. Das verspricht Spannung und verlangt Pioniergeist. Es ist wichtig, dass es der Baubranche gelingt, jungen Menschen diese Aufbruchstimmung zu vermitteln und sie förmlich mitzureißen.
Mit BIM wurde bereits ein wichtiges Thema angesprochen. Es ist das Herzstück der Digitalisierungsstrategie, doch ohne die konsequente Digitalisierung des Bauens wird BIM sich kaum bewerkstelligen lassen. BIM benötigt die enge Verzahnung aller Prozessbeteiligten: In ihm werden sämtliche Schnittstellen optimal zusammengeführt, es verlangt Dialog und Zusammenarbeit und bindet das erforderliche Expertenwissen frühzeitig ein. Es wird damit also deutlich mehr und durchgängigere Partnerschaft für den gesamten Lebenszyklus eingefordert, von der Planung über die Umsetzung bis hin zum Facility-Management.
Eine zentrale Voraussetzung für BIM ist das reibungslose Zusammenspiel aller Akteure. Es kommt also darauf an, einen Kulturwandel hin zu mehr Partnerschaft zu bewerkstelligen. Darin liegt die große Chance, das Image der Baubranche nachhaltig zu verbessern. Denn gerade bei großen Bauvorhaben gibt es häufig negative Schlagzeilen; eklatante Kosten- und Terminüberschreitungen werfen allzu oft ein schlechtes Licht auf die gesamte Branche.
BIM ist demnach eine geeignete Strategie, um diesen Missstand zu beseitigen, indem für mehr Wirtschaftlichkeit und Transparenz, mehr Effizienz und mehr Kosten- und Terminsicherheit gesorgt wird. Es liefert hierfür den optimalen Rahmen und ist zugleich die ideale digitale Plattform für das dringend erforderlich Mehr an Partnerschaft und Partnerschaftlichkeit am Bau.
Zu guter Letzt noch ein nicht zu unterschätzender Bereich, in dem zahlreiche Stellschrauben zur Verfügung stehen, um einen nachhaltigen Imagewandel zu erreichen: Junge Leute definieren sich nicht nur über die Bezahlung oder über die betrieblichen Aufstiegsmöglichkeiten, sondern es geht auch um den Spaß an der Arbeit und die sie umgebenden Rahmenbedingungen.
Für die vielen Herausforderungen, die in der Bauwirtschaft bevorstehen, werden Kreativität und Leidenschaft benötigt. Kurzum: Es werden echte Persönlichkeiten gebraucht. Die Arbeit eines Bauleiters ist anspruchsvoll, Adrenalin und Spannung sind da vorprogrammiert. Der Beruf fordert Dynamik, Flexibilität und hohe Belastbarkeit. Er bringt junge Menschen recht schnell in verantwortungsvolle Positionen, in denen es um viel geht und es darauf ankommt, sich durchzusetzen.
Die jungen Frauen und Männer sollen viel können und ihnen wird viel abverlangt. Die Bauunternehmen sollten ihnen deshalb auch viel bieten. Die Unternehmen sind gefordert, sich stärker und selbstbewusster als moderne Arbeitgeber zu positionieren. Aus der eigenen Erfahrung weiß die Unternehmensgruppe Frauenrath, wie wichtig flexible, individuell angepasste Lösungen und ganze Pakete an zusätzlichen Leistungen sind, um beispielsweise Job und Familie bzw. andere individuelle Lebenskonzepte unter einen Hut zu bringen.
„Wer für eine ausgewogene Work-Life-Balance sorgt, macht die Jobs deutlich attraktiver“
Neben angemessener Bezahlung spielen ein gutes, faires Miteinander und ein ausgewogener Mix an zusätzlichen Angeboten eine entscheidende Rolle. Wer die richtige Antwort auf die Frage gibt, wie Arbeitsleben und Privatleben in Einklang gebracht werden können, wer für eine ausgewogene Work-Life-Balance und ein gutes, partnerschaftliches Betriebsklima sorgt, macht die Jobs im eigenen Unternehmen um Längen attraktiver.
(Dieser Artikel basiert auf einem Vortrag, den Gereon Frauenrath, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Frauenrath, im November 2019 in Aachen beim Hochschultag der Bauindustrie NRW gehalten hat.)